Die Diskussion in der Arena-Sendung hat die EFAS-Vorlage ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. In der Community herrscht jedoch noch Unsicherheit: Welche konkreten Vorteile bietet die Reform uns pflegenden Angehörigen?
Wie wirkt sich Efas auf das ohnehin oft belastete Budget der Familien aus, die Haushalthilfe, Betreuung selbst finanzieren und häufig auch Grund-, Behandlungs- bis hin zu Palliativpflege selbst übernehmen, bevor die Spitex hinzugezogen wird?
Der Kern der Reform: Einheitliche Finanzierung
Efas soll die Finanzierungslasten zwischen Kantonen und Krankenkassen neu verteilen und das bestehende, fragmentierte System ablösen. Die Finanzierung soll unabhängig davon, ob die Pflege stationär oder ambulant erfolgt, klarer strukturiert werden. Laut dem Bund sollen die Kantone künftig auch einen Teil der ambulanten Pflegekosten übernehmen, während Pflegebedürftige weiterhin einen Eigenanteil leisten könnten.
Das Referendumskomitee warnt jedoch, dass dies insbesondere bei Pflegeheimaufenthalten zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung für Pflegebedürftige und deren Familien führen könnte, da vermehrt Kosten auf sie abgewälzt werden könnten. Die Rückmeldungen der angefragten Experten sind jedoch eindeutig: Es fehlen schlichtweg die Daten, um verlässliche Prognosen zu erstellen. Das Eintreffen der 'behaupteten' Effekte wäre demnach rein zufällig.
Unklare finanzielle Auswirkungen und regionale Unterschiede
Eine allgemeine Prognose zur finanziellen Entlastung durch Efas ist demnach schwierig. Inwieweit pflegende Angehörige tatsächlich profitieren, hängt massgeblich von der künftigen Tarifstruktur und regionalen Anpassungen ab. Versicherungsexperten betonen, dass Vorsorgelösungen im Langzeitpflegebereich zunehmend an Bedeutung gewinnen, da die Nachfrage aufgrund des demografischen Wandels stark ansteigt.
Belastung für Angehörige – und der Erhalt des Familienvermögens
Pflegende Angehörige stehen oft nicht nur vor der Herausforderung, die Versorgung zu organisieren, sondern auch das Familienvermögen zu erhalten. Finanzinstitute sehen hier Handlungsbedarf und empfehlen eine verstärkte Auseinandersetzung mit individuellen Vorsorgelösungen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Pflege zu Hause durch externe Anbieter oder durch selbst angestelltes Pflegepersonal erfolgen sollte.
Ergänzungsleistungen (EL) für betreutes Wohnen, die derzeit im Parlament diskutiert werden, kantonale Betreuungszulagen und individuelle Betreuungs- und Entlastungsbeiträge durch Gemeinden, könnten hier finanzielle Entlastung schaffen und pflegende Angehörige gezielt unterstützen.
Die praktische Umsetzung der Prämienverbilligung und Harmonisierung mit den Sozialversicherungen ist von grosser Bedeutung. Die Einführung des neuen Abrechnungssystems TARDOC und die damit verbundene Tarifpolitik spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Wissenschaftliche Einschätzungen zur Efas-Reform
Wissenschaftler betonen, dass ambulante Versorgungskosten gegenüber stationären deutlich günstiger sind. Dies birgt jedoch die Gefahr, dass noch mehr zeitlicher Aufwand auf die pflegenden Angehörigen und Kosten auf die Familien abgewälzt werden. Der tatsächliche individuelle Nutzen der Efas-Reform für pflegende Angehörige bleibt schwer abschätzbar.
Die Entscheidung über die Behandlungsformen liegt letztlich bei Arzt und Patient. In Japan entscheidet zum Beispiel ein aufsuchender Care-Manager über die geeignete Versorgungsform und Versicherungsleistungen, was ein interessantes Modell zur Kostenkontrolle und Qualitätssteigerung sein könnte.
Koordination: Ist EFAS Angehörigenfreundlich?
Die Efas-Debatte zeigt, dass die Reform die Belastungen pflegender Angehöriger nicht automatisch mindert. Vielmehr wird eine enge Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern, Versicherungen und Kantonen entscheidend sein – eine Herausforderung, die nur mit einer starken Koordinationskultur zu meistern ist, was jedoch mit einigen Unsicherheiten verbunden ist.
Das Ja-Komitte verweist darauf, dass die Koordination durch die Annahme der Vorlage verbessert wird, wobei sich jedoch die Perspektive der Fachpersonen auf das Thema Koordination von derjenigen der betreuenden Angehörigen unterscheidet. Beim Thema Koordination spielt digitale Transformation die entscheidende Rolle.
Internationale Erfahrungen mit integrierter Versorgung legen nahe, dass eine höhere Kundenzentrierung und Effizienz oft dann erreicht wird, wenn Finanzierung und Leistungserbringung aus einer Hand, bzw. weniger Hände kommen.
Langfristige Lösungen: Vorsorgemodelle und Generationengerechtigkeit
Alternative Modelle wie eine obligatorische Pflegeversicherung oder ein individuelles Pflegekapital werden von Expertinnen als potenzielle Lösungen betrachtet, um das Langzeitpflegesystem langfristig stabiler zu gestalten. Zwar schafft die Efas-Vorlage eine gewisse Ordnung im Finanzierungsdickicht, doch sie adressiert nicht die grundlegenden Probleme steigender Pflegekosten.
Für pflegende Angehörige bleibt somit kurz- bis mittelfristig weiterhin ein erheblicher persönlicher und finanzieller Einsatz erforderlich – eine strukturelle Herausforderung, die die Efas-Reform alleine nicht lösen kann.
EFAS JA: Ein Schritt in die richtige Richtung
EFAS kann grundsätzlich dazu beitragen, das Gesundheitssystem in die richtige Richtung zu lenken und stellt eine wichtige Stellschraube innerhalb eines komplexen Regelwerks dar – vergleichbar mit einem neuen Musikinstrument.
Entscheidend wird jedoch sein, wie virtuos es gespielt wird, um harmonische Ergebnisse zu erzielen. Dabei sehen wir Bund, Kantone und Gemeinden in der Verantwortung, die in der Arena-Sendung gemachten Versprechen - auch für die Carers - positive Veränderungen herbeizuführen.
Für die weitergehende Debatte laden wir interessierte Stakeholder dazu ein, sich an einer Artikelserie zum Thema “Strategien für Familien zum Vermögenserhalt und Optimierung von Betreuungs- und Pflegekosten” zu beteiligen. Zur Anlaufstelle.